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Landkreisnachrichten 60.Jahrgang
5G-Ausbau: Kommunen, Bürger und Mobilfunkunternehmen Hand in Hand Von Corinna Nitsch, Verena Gerstner, Maria-Kena Weiss und Prof. Dr. Michel Frey, Ortenaukreis 1
dem jeweiligen Baugebietstypus der BauNVO. Als Bestandteil eines gewerb- lich betriebenen Mobilfunknetzes sind sie als gewerbliche Hauptanlagen in Kleinsiedlungsgebieten und Allgemei- nen Wohngebieten nur ausnahmsweise nach § 2 Abs. 3 Nr. 4 bzw. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig. In reinen Wohngebie- ten ist eine ausnahmsweise Zulassung als Hauptanlage nur imWege der Befrei- ung nach § 31 Abs. 2 BauGB möglich. Ferner sind Mobilfunkanlagen fernmel- detechnische Nebenanlagen und – als Small Cells – wohl auch als untergeord- nete Nebenanlage zu qualifizieren. Im Außenbereich dürfen Mobilfunkanla- gen als privilegierte Vorhaben keine öf- fentlichen Belange entgegenstehen. Bei Vorliegen einer Standortbescheinigung ist davon auszugehen, dass die Mobil- funkanlage keine schädlichen Umwelt- einwirkungen hervorruft. Alternativ- standorte, die aus Naturschutzgründen vorzugswürdig sind, oder im Innenbe- reich liegen, sind im Sinne bestmöglicher Schonung des Außenbereichs dem ei- gentlichen Standort vorzuziehen. Entgegenstehende Belange können sich ferner aus den Vorgaben des Bundes immissionsschutz-, des Naturschutz-, Denkmalschutz- und Straßenrechts er- geben. Gemeinden haben somit durchaus die Möglichkeit, auf die Planung, Genehmi- gung und Errichtung vonMobilfunkanla- gen Einfluss zu nehmen. Je aktiver und je früher sie sich in den Prozess einbringen, desto größer ist ihr Gestaltungsspiel- raum.
Der flächendeckende Ausbau des neuen 5G-Mobilfunkstandards ist für die Ent- wicklung und Implementierung neuer, fortschrittlicher Anwendungen wie das autonome Fahren, für Anwendungen der virtuellen und erweiterten Realität, oder für digitale medizinische Anwendungen wie Ferndiagnosen und Assistenzsys teme entscheidend. Die Herkulesauf- gabe gelingt nur, wenn staatliche Insti tutionen, Mobilfunkunternehmen und Bürger zusammenwirken. Der Bundesge- setzgeber steht beim Mobilfunkausbau im Fokus der öffentlichen Wahrneh- mung. Er ist für die Gewährleistung einer angemessenen Versorgung der Bevölke- rung mit Mobilfunkleistungen zustän- dig, vgl. Art. 87 f Grundgesetz (GG). Diese Aufgabe hat er privatenMobilfunkanbie- tern übertragen (Art. 87 f Abs. 2 GG). Je- doch werden in aller Regel vor Ort die Weichen für den erfolgreichen 5G-Aus- bau gestellt. Neben den kommunalen (rechtlichen) Handlungsspielräumen ist insbesondere auch die bürgerschaftliche Akzeptanz vor Ort entscheidend, da der Mobilfunkausbau – wie auch andere In- frastrukturprojekte – häufig auf breiten Widerstand in der Bevölkerung stoßen. Kommunale Handlungsmöglichkeiten Kommunen können gemeindeeigene Flächen zur Errichtung von Makro-Sta tionen und Small Cells (kleine Funkzel- len) zur Verfügung stellen und so unter dem Vorbehalt technischer Realisierbar- keit gezielt auf die Lage von Mobilfunk- antennen Einfluss nehmen. Möglichkeiten der planerischen Steue- rung bieten sich sowohl im Flächennut- zungsplan als auch im Bebauungsplan. In den Bauleitplänen können Flächen für Mobilfunkanlagen zugewiesen werden
(§ 5 Abs. 2 Nr. 4 BauGB). Dabei sind jedoch der Grundsatz der Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 BauGB, das Anpassungsgebot nach § 1 Abs. 4 BauGB sowie das Ab wägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB zu beachten. Die Steuerungsmöglichkeiten weichen im Außen- und im Innenbereich voneinander ab. Ferner können Gemeinden die Errich- tung von Mobilfunkanlagen planerisch steuern, indem sieVorrang- bzw. Konzen- trationsflächen im Flächennutzungsplan ausweisen. Mobilfunkanlagen sind nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB im Außenbereich privilegiert. Erfolgt eine positive Auswei- sung von Flächen für Mobilfunkanlagen, stehen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB einer Errichtung an anderer Stelle in der Regel öffentliche Belange entgegen. Die Ge- meinde kann in diesem Fall ihr Einver- nehmen nach § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB ver sagen. Gemeinden sind verpflichtet, eine ausreichende Anzahl, nicht jedoch alle in Betracht kommenden Standortflächen als solche auszuweisen. Zur Sicherung ihrer Planung kann die Gemeinde ein entsprechendes Baugesuch zeitlich be- grenzt im Sinne des § 15 BauGB zurück- stellen lassen, oder eine Veränderungs- sperre im Sinne des § 14 BauGB erlassen. Im Innenbereich sind keine Konzen trationsflächen möglich. Hier erfolgt die planerische Steuerung von Mobilfunk anlagen über die Festsetzungen im Be- bauungsplan nach § 9 BauGB. Die Zulässigkeit von Mobilfunkanten- nen kann nach § 74 Abs. 1 Nr. 1 und 4 LBO durch örtliche Bauvorschriften be- schränkt oder ausgeschlossen werden, beispielsweise in Form von Gestaltungs- satzungen zur Erhaltung und Gestaltung gebietsspezifischer Ortsbilder. Die materielle Zulässigkeit von Mobil- funkanlagen richtet sich in Gebieten mit qualifiziertem Bebauungsplan nach
Akzeptanz durch Bürgerbeteiligung
Obschon eine überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ein Handy oder Smart-
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